Wofür steht eigentlich das "G" in ESG?
Das „G“ in ESG steht für Governance, zu deutsch: Unternehmensführung, und umfasst Faktoren wie die Unternehmensstruktur, Zusammensetzung des Vorstands, Geschäftsethik und Korruptionsbekämpfung. Governance-Faktoren reichen von der souveränen Politikgestaltung bis hin zur Aufteilung von Rechten und Pflichten zwischen den verschiedenen Interessengruppen einer Organisation, wie z. B. Vorstand, Management, Aktionäre und Stakeholder. Wie führt der Vorstand seine Geschäfte? Gibt es Prüfungsverfahren und Schutzmaßnahmen gegen Bestechung und Korruption? Wie beteiligt sich die Organisation an politischen Initiativen? Dabei sind auch die Vergütung des Vorstandsvorsitzenden, die Rechnungsprüfung und die Aktionärsrechte Teil der Unternehmensführung.
Definitionsgemäß handelt es sich bei Governance um eine interne Struktur sorgfältig geplanter Regeln, Vorschriften, Praktiken und Prozesse, die alle in direktem Zusammenhang mit der Art und Weise stehen, wie ein Unternehmen geführt und geleitet wird. Die Systeme und operativen Kontrollen, die die interne Governance ausmachen, werden in der Regel auf der Ebene des Vorstands eingerichtet. Dieser hat dann die Aufgabe, diese strategischen Ziele zu verwirklichen, ihre Wirksamkeit zu überwachen und den Aktionären und Interessengruppen regelmäßig über die Ergebnisse zu berichten. Governance-Initiativen sollten die Werte des Unternehmens widerspiegeln und haben nachweislich einen positiven Einfluss auf die langfristige Leistung und den Erfolg.
Unabhängig von der Größe oder Branche müssen Unternehmen verschiedenste Stakeholder bedienen wie etwa Mitarbeiter, Kunden, Investoren aber auch Zulieferer und staatliche Stellen. Bei der Governance, die alle politischen Maßnahmen und Praktiken zur Führung eines Unternehmens umfasst, geht es darum, Geschäftsentscheidungen so zu treffen, dass sie den verschiedenen Stakeholdern gleichermaßen dienen. Um dieses Ziel zu erreichen, konzentrieren sich Manager mit Governance-Fokus auf Rechenschaftspflicht, Transparenz und unternehmerische Verantwortung. Während der Vorstand vor allem an der Gestaltung der Unternehmenspolitik beteiligt und damit letztlich für die Überwachung der Governance verantwortlich ist, tragen Manager auf allen Ebenen letztlich zur Einhaltung der Governance-Vorschriften bei.
Dabei sind Aktionäre nicht die einzigen, die sich für ESG-Investitionen interessieren. Verbraucher treffen ihre Kaufentscheidungen zunehmend auf Grundlage der Nachhaltigkeitsbilanz eines Unternehmens. Zukünftig werden Kunden die Unternehmen belohnen, die ihr Engagement für die Welt und ihre Menschen unter Beweis stellen können. Auch bei der Berufswahl berücksichtigen Mitarbeiter zunehmend ESG-Belange und die Übereinstimmung ihrer persönlichen Überzeugungen mit denen des potenziellen Arbeitgebers.
Während sich ein Großteil des Interesses auf die ökologische Leistung und bestimmte soziale Indikatoren – wie Vielfalt, Eingliederung und Gleichberechtigung – fokussiert, wurden Governance-Aspekte bislang vergleichsweise wenig Bedeutung im ESG-Diskurs beigemessen. Dabei ist die Governance nicht nur ein Teil des ESG-Rahmenwerks, sondern bildet die Grundlage für die Umsetzung von "E" und "S".
So hat die Unternehmensführung einen erheblichen Einfluss auf die soziale Verantwortung von Unternehmen, da transparent und ethisch handelnde Führungskräfte und Vorstandsmitglieder zu einem besseren Verständnis für soziale Fragen im Zusammenhang mit der Marke führen. Ebenso beginnt der Governance Aspekt sich auch auf die Umweltbelange auszuwirken. Die Art und Weise, wie ein Unternehmen Geschäftsentscheidungen im Hinblick auf die Gesetzgebung zum Klimawandel trifft, steht beispielsweise in direktem Zusammenhang mit seinen Umweltauswirkungen.
Hinter jedem Verstoß gegen ökologische oder soziale Verpflichtungen eines Unternehmens steht eine ineffektive Unternehmensführung, sei es unzureichende Anti-Korruptionspraktiken, unzulässige Anreizstrukturen, widersprüchliche Lobbying-Aktivitäten oder eine schlecht ausgerüstete Führung. Darüber hinaus wirkt sich die Unternehmensführung auf die Integrität der ESG-Offenlegungen aus, da sie bestimmt, ob ESG-Indikatoren ethisch verfolgt und berichtet werden. Obwohl Governance während der ersten Wellen der Antikorruptionsbewegung die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zog, haben besonders die Aspekte Klimawandel und Menschenrechte die Nachhaltigkeitsentwicklung in der Unternehmenswelt dominiert. Nichtsdestotrotz ist eine wirksame Governance unerlässlich, um sicherzustellen, dass das Engagement der ESG-Bewegung in konkrete Maßnahmen und systematische Veränderungen umgesetzt wird.
Durch die Governance ergibt sich, wie die ESG-Berichterstattung in den kommenden Jahren innerhalb des Unternehmens entwickeln wird. Die ökologische und soziale Verantwortung kann auf vielerlei Weise gemessen und quantifiziert werden, wie etwa durch den CO2-Fußabdruck oder die Mitarbeiterbezahlung. Bei der Unternehmensführung geht es zum Teil darum, Kennzahlen zu sammeln und festzulegen, wie Maßnahmen gefördert werden können, die den Ruf des Unternehmens verbessern.
Auch die 17 Sustainable Development Goals (SGDs) der Vereinten Nationen zielen neben sozialen und ökologischen Faktoren auf eine nachhaltige Unternehmensführung ab. Diese bieten als globales Zielsystem eine einheitliche Sprache und einen Wegweiser für die Herausforderungen des 21.Jahrhunderts. Um diese Ziele zu meistern, bedarf es neben dem Engagement der Politik und Gesellschaft auch das der Wirtschaft und folglich kommt es auf jedes einzelne Unternehmen an.
Es gibt keine "One size fits all"-Lösung für den Governance-Aspekt in Unternehmen. Daher ist es besonders wichtig, sich als Unternehmen Zeit zu nehmen und auf die spezifischen Probleme und Bedürfnisse des Unternehmens einzugehen, um das Thema Governance in Angriff zu nehmen. Die Arbeit wird einen immensen Einfluss auf die ESG-Compliance als Gesamtes haben. Organisationen mit starken Governance-Strukturen und -Leistungen sind besser in der Lage, ökologische und gesellschaftliche Probleme, die sich auf den Unternehmenswert auswirken könnten, zu verstehen, zu überwachen und zu bewältigen. Unzureichende Governance-Praktiken auf der anderen Seite können den Ruf des Unternehmens und das Vertrauen der Anleger erheblich beeinträchtigen.
Wir bei cubemos haben den Governance-Bereich in drei Handlungsfleder unterteilt:
- Transparenz, Finanzen & Steuern
- Unternehmensführung & Risikomanagement
- Unternehmensethik & Hinweisgebersysteme
Transparenz, Finanzen & Steuern
Die öffentliche Berichterstattung über die Steuerpraktiken eines Unternehmens, seine Beteiligung an der Entwicklung der öffentlichen Politik, wie Lobbyarbeit und politische Spenden, kann die Transparenz erhöhen und das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens fördern. Im Rahmen dieser Offenlegung sollten Unternehmen ihren Ansatz zur Steuerpolitik, ihre finanzielle Unterstützung von/durch Regierungen und Daten zu politischen Beiträgen beschreiben. Des Weiteren werden hier Informationen über die Zahlungspraxis von Unternehmen an Geschäftspartner offengelegt.
Die Kerninhalte des Handlungsfelds "Transparenz, Finanzen & Steuern"
- Finanzen & wirtschaftlicher Nutzen
- Steuern
- Compliance
- Politische Spenden & Lobbying
- Zahlungspraktiken
Beispiele relevanter Kennzahlen für das Handlungsfeld "Transparenz, Finanzen & Steuern"
- Anzahl der extern geteilten Policies & Richtlinien
- Gesamtbetrag der an Lobbyverbände gezahlten Mitgliedsbeiträge
Unternehmensführung & Risikomanagement
Ein solides Governance-System gewährleistet ein robustes Risikomanagement und interne Kontrollprozesse. Dies ist wichtig, um zu verstehen, wie die Auswirkungen eines Unternehmens auf Wirtschaft, Umwelt und Soziales (z. B. Auswirkungen auf die Menschenrechte) in die Strategie und die Geschäftstätigkeit integriert werden. Diese Offenlegung befasst sich mit der Governance-Struktur und -Zusammensetzung von Unternehmen und umfasst Richtlinien zu Diversitäts- und Vergütungsfragen in Bezug auf leitende Organe. Darüber hinaus sollten Informationen über Risikomanagementverfahren, wie die Überwachung von Risiken, und interne Kontrollverfahren beschrieben werden.
Die Kerninhalte des Handlungsfelds "Unternehmensführung & Risikomanagement"
- Führungsstruktur, Zusammensetzung & Vergütung
- Risikomanagement & interne Kontrollprozesse
Beispiele relevanter Kennzahlen für das Handlungsfeld "Unternehmensführung & Risikomanagement"
- Durchschnittliches Verhältnis von weiblichen und männlichen Vorstandsmitgliedern
- Anteil der unabhängigen Vorstandsmitglieder
Unternehmensethik & Hinweisgebersysteme
Die Unternehmensethik umfasst ein breites Spektrum von Themen, die transparente und nachhaltige Geschäftspraktiken zum Nutzen aller Beteiligten gewährleisten. Unternehmen sollten ihre Geschäftsverhaltenskultur und Maßnahmen zur Vermeidung von Korruption und wettbewerbswidrigem Verhalten wie Preisabsprachen, Quoten und Monopolpraktiken beschreiben. Dies kann beispielsweise Schulungen zur Korruptionsbekämpfung sowie die Verhinderung und Aufdeckung von wettbewerbswidrigem Verhalten umfassen. Darüber hinaus sollten Unternehmen ihre Bemühungen zur Unterstützung von Hinweisgebern offenlegen, einschließlich die Errichtung von Meldekanälen und Verfahren zur Behebung negativer Auswirkungen für Hinweisgeber.
Die Kerninhalte des Handlungsfelds "Unternehmensethik & Hinweisgebersysteme"
- Hinweisgebersysteme
- Wettbewerbswidriges Verhalten
- Anti-Korruption & Anti-Bestechung
Beispiele relevanter Kennzahlen für das Handlungsfeld "Unternehmensethik & Hinweisgebersysteme"
- Anzahl der anonymen Hinweise über Unregelmäßigkeiten
- Gesamtzahl der Vorfälle von Korruption und Bestechung