Wofür steht eigentlich das "S" in ESG?
ESG – das Akronym für Environmental, Social und Governance (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) – hat sich spätestens seit Covid-19 weltweit zu dem Megatreiber in Unternehmen und der Wirtschaft etabliert. Längst steht nicht mehr nur das Wirtschaftswachstum, sondern vielmehr das nachhaltige Wirtschaften mit einem schonenden Umgang mit Ressourcen und der Umwelt im Fokus. Unternehmen werden durch Stakeholder und Regularien immer mehr dazu angetrieben sich in Richtung Nachhaltigkeit zu entwickeln.
Das „S“ in ESG steht für Social („Soziales“). Im Gegensatz zu den anderen Aspekten Environmental und Governance ist der soziale Aspekt deutlich schwieriger zu definieren. Während sich die anderen ESG-Aspekte – Umwelt- und Governance – in erster Linie mit den Auswirkungen eines Unternehmens auf den Planeten oder auf seine internen und politischen Funktionen befassen, konzentrieren sich die sozialen Faktoren auf die Beziehungen zwischen einem Unternehmen und den Menschen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens. Die soziale Komponente von ESG umfasst alle Arten der menschenbezogenen Aspekte von Unternehmen mit ihren Mitarbeitern und der Gesellschaft, in denen sie tätig sind.
Zu den Themen, die die Mitarbeiter betreffen, gehören beispielsweise die Gesundheits- und Sicherheitsbilanz des Unternehmens, seine Politik in Bezug auf Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration sowie die Arbeitsbeziehungen zwischen Management und Arbeitnehmern. Bei den externen Themen gehören die Beziehungen des Unternehmens zu den Verantwortlichen der örtlichen Gemeinden und die Frage, ob bei den Zulieferern Zwangs- oder Kinderarbeiteingesetzt wird, sowie die Produktsicherheit.
In der Wirtschaft wird die soziale Dimension noch als nebengeordnete Rolle wahrgenommen, obwohl sie eine der wesentlichen Faktoren für die Produktivität sowie die Profitabilität eines Unternehmens ist. Grund dafür ist unter anderem ein Mangel an Rahmenbedingungen für das "S" in ESG. Durch den Klimawandel gelenkt war der E-Bereich lange Zeit der bedeutendste Faktor im Bereich ESG. Doch spätestens seit der Covid-19-Pandemie hat der soziale Aspekt deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen. Obwohl die sozialen Faktoren deutlich komplexer zu greifen sind als E und G, zeigt sich, dass Unternehmen, die beispielsweise ihre Mitarbeiter schlecht bezahlen mit erheblichen Schwierigkeiten zu rechnen haben. So hat etwa Uber 2019 seine Fahrerlizenz in London verloren aufgrund von Mitarbeiterausbeutung. Dies macht deutlich, dass Unternehmen, die soziale Standards einhalten, stabiler wirtschaften können und weniger wahrscheinlich mit negativen Auswirkungen rechnen müssen.
Natürlich sind die sozialen Risiken und ihre potenziellen finanziellen Auswirkungen von Branche zu Branche unterschiedlich. So ist beispielsweise der Sicherheitsstandard am Arbeitsplatz bei einem Ölbohrunternehmen deutlich wichtiger als bei einer Softwarefirma, während der Schutz von Kundendaten für ein Softwareunternehmen ein höheresRisiko darstellen kann als für die Ölfirma. Fokussiert sich ein Unternehmen besonders stark auf den sozialen Faktor im Bereich ESG kann dies den Ruf eines Unternehmens stärken, den Wert bewahren und zudem neue Investoren heranziehen. Setzen Unternehmen sich nachweislich für die Verbesserung des Wohlbefindens der Mitarbeiter und anderer Stakeholder ein, macht dies das Unternehmen attraktiver als Wettbewerber, welche sich nicht auf soziale Aspekte fokussieren.
Investoren werden zukünftig versuchen, das Risiko, das gesellschaftliche Faktoren für die Rendite darstellen, zu minimieren. Besonders komplexe soziale Dynamiken, die vom Aufschwung der öffentlichen Meinung im Internet bis hin zu Streiks und Unternehmensboykotten durch verschiedene Gruppen reichen, beeinflussen langfristige Veränderungen der Verbraucherpräferenzen. Stakeholder können soziale Faktoren als wichtige Indikatoren für das Potenzial des Unternehmensbetrachten. Wie bei ESG-Investitionen insgesamt kann die Bevorzugung von Unternehmen, die soziale Aspekte berücksichtigen, eine Möglichkeit für Anleger sein, ihre Werte bei Investitionen widerzuspiegeln und gleichzeitig langfristig höhere und zuverlässigere Renditen zu erzielen.
Der menschliche Faktor in Geschäftsbeziehungen ist ein nicht zu vernachlässigender Faktor im Rahmen von ESG. Daher ist es besonders bei dem sozialen Aspekt von ESG wichtig, offen und transparent zu kommunizieren und im ständigen Dialog mit allen Stakeholdern zustehen, um das Image des Unternehmens nicht zu schädigen. Durch ein effektives Engagement kann nicht nur das eigene Unternehmen gestärkt, sondern auch die Gemeinschaft bekräftigt werden indem einheitliche Werte geschaffen werden. Somit können Unternehmen Unterstützung gewinnen und ein gutes Standing innerhalb derGesellschaft und Gemeinde sicherstellen, da Unterstützung der Gemeinschaft einen erheblichen Einfluss auf die lokale Politik haben.
Besonders deutlich zeigt sich der soziale Aspekt auch bei den 17 Nachhaltigkeitszielen der Sustainable Development Goals (SDGs), wo soziale Aspekt besonders stark verankert sind. 11 der 17 Nachhaltigkeitsziele beziehen sich dabei auf soziale Faktoren, da neben dem Schutz der Umwelt die Förderung der sozialen Gerechtigkeit im Mittelpunkt der SDGs steht.
Eine der zentralen Herausforderungen für Unternehmen, die ihre sozialen Leistungen verbessern wollen, ist die Überlegung, welche Komponenten sie einbeziehen und wie sie ihre Fortschritte messen und bekannt machen wollen.
Wir bei cubemos haben den sozialen Bereich bei den ESG-Faktoren in sechs Handlungsfelder aufgeteilt:
- Mitarbeitende, Weiterbildung & Arbeiterrechte
- Verbrauchersicherheit, Datenschutz & Produktqualität
- Gleichberechtigung, Diversität & Inklusion
- Auswirkungen auf Gemeinschaft & Dialog
- Gesundheit, Sicherheit & Wohlbefinden
- Wertschöpfungskette & Lieferantenmanagement
Mitarbeitende, Weiterbildung & Arbeiterrechte
Der Umgang mit Beschäftigten, deren Arbeitsbedingungen und der Achtung arbeitsbezogener Rechte ist ein entscheidender Aspekt des Nachhaltigkeitsmanagements eines Unternehmens. Unternehmen sollten Strategien, Maßnahmen und Ziele offenlegen, die es zur Verringerung negativerAuswirkungen, aber auch zur Förderung positiver Auswirkungen und zur Bewältigung von Risiken und Chancen in Bezug auf Ihre Mitarbeiter:innen einsetzt. Informationen darüber, wie Unternehmen mit arbeitsbezogenen Rechten umgehen, Tarifverhandlungen führen und Beschwerdewege organisieren, sind ein wichtiger Teil dieser Offenlegung, ebenso wie Informationen darüber, wie sie mit Mitarbeitenden kommunizieren. Daten zu Weiterbildung und ein Überblick über die Zusammensetzung ihrer Belegschaft sind weitere Punkte, die eine umfassende Offenlegung zu diesem Thema gewährleisten.
Kerninhalte des Handlungsfelds "Mitarbeitende, Weiterbildung & Arbeiterrechte"
- Dialog mit Beschäftigten
- Arbeitsbezogene Rechte, Beschwerdeverfahren & Tarifverhandlungen
- Daten von Beschäftigten & Nicht-Beschäftigten
Beispiele relevanter Kennzahlen für das Handlungsfeld "Mitarbeitende, Weiterbildung & Arbeiterrechte"
- Gesamtzahl der schweren Menschenrechtsverletzungen
- Durchschnittliche Schulungsstunden pro Mitarbeitenden
Verbrauchersicherheit, Datenschutz & Produktqualität
Verantwortungsvolle Marketingpraktiken, die Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Kunden während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts oder Dienstleistung und die Wahrung eines hohen Datenschutzniveaus können Verbraucher:innen helfen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Unternehmen sollten relevante Strategien, Aktionspläne und Ziele zur Verringerung negativer Auswirkungen auf Verbraucher:innen aufzeigen, sowie die Förderung positiver Auswirkungen und den Umgang mit Risiken und Chancen beschreiben. Dazu gehört auch die Erhebung von Daten über Verstöße gegen die Vorschriften in Bezug auf Produktinformationen und -kennzeichnung, Auswirkungen von Produkten oder Dienstleistungen auf Gesundheit und Sicherheit sowie Beschwerden über Datenschutzverletzungen und Datenverluste von Kunden und Endnutzern. Es sollten Verfahren beschrieben werden, wie mit diesen Interessengruppen über potenzielle Auswirkungen kommuniziert wird.
Kerninhalte des Handlungsfelds "Verbrauchersicherheit, Datenschutz & Produktqualität"
- Dialog mit Konsumenten
- Auswirkungen von Produkten auf Gesundheit & Sicherheit
- Produktinformation & Labeling
- Kundendatenschutz
Beispiele relevanter Kennzahlen für das Handlungsfeld "Verbrauchersicherheit, Datenschutz & Produktqualität"
- Anzahl der Fälle von Datenschutzverstößen pro Monat
- Anzahl der Kundenbeschwerden über den Kundenservice
- Anzahl der gemeldeten Datenschutzverletzungen
Gleichberechtigung, Diversität & Inklusion
Die aktive Förderung von Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion am Arbeitsplatz kann sowohl für das Unternehmen als auch für die Mitarbeiter:innen erhebliche Vorteile bringen. Unternehmen sollten Maßnahmen zur Sicherstellung der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Inklusion beschreiben, wie sie z. B. die Überwachung von Diskriminierungsvorfällen, der ergriffene Korrekturmaßnahmen und zudem die Beschäftigung einer vielfältigen Belegschaft sicherstellen. Weitere Bestandteile dieses Handlungsfelds sind Informationen zur fairen Entlohnung (z. B. "Gender Pay Gap").
Kerninhalte des Handlungsfelds "Gleichberechtigung, Diversität & Inklusion"
- Faire Bezahlung & Mitarbeiter-Benefits
- Gleichbehandlung & Inklusion
Beispiele relevanter Kennzahlen für das Handlungsfeld "Gleichberechtigung, Diversität & Inklusion"
- Gesamtzahl der Vorfälle von Diskriminierung
- Diverse Beschäftigte auf der obersten Führungsebene
- Lohnunterschied zwischen Frauen und Männer
Auswirkungen auf Gemeinschaft & Dialog
Verantwortungsvolle Marketingpraktiken, die Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Kunden während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts oder Dienstleistung und die Wahrung eines hohen Datenschutzniveaus können Verbraucher:innen helfen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Ihr Unternehmen sollte relevante Strategien, Aktionspläne und Ziele zur Verringerung negativer Auswirkungen auf Verbraucher:innen aufzeigen, sowie die Förderung positiver Auswirkungen und den Umgang mit Risiken und Chancen beschreiben. Dazu gehört auch die Erhebung von Daten über Verstöße gegen die Vorschriften in Bezug auf Produktinformationen und -kennzeichnung, Auswirkungen von Produkten oder Dienstleistungen auf Gesundheit und Sicherheit sowie Beschwerden über Datenschutzverletzungen und Datenverluste von Kunden und Endnutzern. Es sollten Verfahren beschrieben werden, wie mit diesen Interessengruppen über potenzielle Auswirkungen kommuniziert wird.
Kerninhalte des Handlungsfelds "Auswirkungen auf Gemeinschaft & Dialog"
- Dialog mit Gemeinschaften
- Vorfälle & Auswirkungen auf Gemeinschaften
Beispiele relevanter Kennzahlen für das Handlungsfeld "Auswirkungen auf Gemeinschaft & Dialog"
- Anzahl der Aktivitäten zum Engagement in der Gemeinde
- Prozentualer Anteil der Gemeinden, die das Unternehmen positiv bewerten
- Anzahl der Partnerschaften, die mit kommunalen Organisationen geschlossen wurden
Gesundheit, Sicherheit & Wohlbefinden
Gesunde und sichere Arbeitsbedingungen umfassen sowohl die Verhinderung von gesundheitlichen Schäden als auch die Förderung der Gesundheit der Mitarbeiter:innen. Die Offenlegung für dieses Themenfeld umfasst sowohl die Tragweite als auch die Performance des betrieblichen Gesundheits- und Sicherheitsmanagementsystems von Unternehmen. Außerdem sollten die Prozesse zur Einbindung der Mitarbeiter:innen, die angebotenen Schulungen und die Förderung von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz beschreiben. Weitere Datenpunkte sind die Angabe von arbeitsbedingten Verletzungen und Erkrankungen sowie Indikatoren für Work-Life Balance.
Kerninhalte des Handlungsfelds "Gesundheit, Sicherheit & Wohlbefinden"
- Betriebliches Management für Gesundheitsschutz & Sicherheit
- Work-Life-Balance
Beispiele relevanter Kennzahlen für das Handlungsfeld "Gesundheit, Sicherheit & Wohlbefinden"
- Gesamtzahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle
- Gesamtanteil der Beschäftigten, die Anspruch auf Urlaub aus familiären Gründen haben
Wertschöpfungskette & Lieferantenmanagement
Die Verpflichtung zu einem Wertschöpfungsketten- und Lieferantenmanagement, das Kinder- und Zwangsarbeit abschafft, ist ein zentrales Prinzip der Menschenrechte und Gegenstand nationaler Gesetzgebung in fast allen Ländern. Unternehmen sollten Richtlinien, Aktionspläne und Ziele beschreiben, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen auf die Beschäftigten in der Wertschöpfungskette, einschließlich der Zulieferer, zu verhindern, abzumildern oder zu beheben. Dazu gehören Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit, Gesundheit und Sicherheit sowie andere Menschenrechte (z. B. Zugang zu Tarifverhandlungen). Informationen über Ihre Due-Diligence-Prüfung von Zulieferern, einschließlich der Überprüfung sozialer Kriterien, sind ein wesentlicher Bestandteil dieses Themas, ebenso wie Informationen darüber, wie Unternehmen die Kommunikation mit den Arbeitnehmern innerhalb der Wertschöpfungskette gestalten.
Kerninhalte des Handlungsfelds "Wertschöpfungskette & Lieferantenmanagement"
- Dialog mit den Beschäftigten in der Wertschöpfungskette
- Verträglichkeitsprüfung & Screening von Lieferanten
- Gesundheit & Sicherheit in der Wertschöpfungskette
- Menschenrechte in der Wertschöpfungskette
Beispiele relevanter Kennzahlen für das Handlungsfeld "Wertschöpfungskette & Lieferantenmanagement"
- Prozentsatz der Lieferungen, die rechtzeitig und vollständig sind
- Anteil der Lieferungen, die rechtzeitig an den Kunden geliefert werden